Das Original
Die Geschichte der kommerziellen Produktion von Modellhubschraubern beginnt mit einem Marketing-Irrtum mit weitreichenden Folgen. Alle in den ersten Jahren erhältlichen Modelle bauen auf originalgetreuen Nachbauten auf. Die Mechaniken müssen vom Modellflieger über ein Sperrholz- und Leistengerüst in Polyester- oder Epoxyrümpfe eingesetzt werden. Die Hersteller waren der Meinung, dass sich nur vorbildgetreue Nachbauten verkaufen lassen. Die Folgen dieser Philosophie lassen nicht lange auf sich warten: Die Unvollkommenheit der ersten Mechaniken in Verbindung mit fehlender Flugerfahrung der Piloten verlagern das Hobby Modellhubschrauberfliegen in den Bastelkeller fernab des Vereinsgeschehens. Modellhubschrauberpiloten mutieren aus der Sicht der Vereinskameraden zu Einzelkämpfern oder gar Eigenbrötlern. Wenigen Minuten des Trainings bis zum Crash stehen, wenn überhaupt noch möglich, mitunter dutzende Reparaturstunden gegenüber. Dies führt schon in den Jahren 1972/1973 zu einer ersten Ernüchterungswelle in Modellfliegerkreisen, viele hängen das gerade neu begonnene Hobby aus Zeit- und auch aus Geldmangel wieder an den Nagel. Manche wollen auch einfach nicht in die Rolle des Aussenseiters gedrückt werden und kapitulieren. Auch die Vertriebsfirmen wie Schuco-Hegi spüren einen deutlichen Rückgang der Verkaufszahlen. Schon jetzt reift in Dieter Schlüter die Idee, dass ein schnell zusammengeschraubtes Mechanik-Gestell mit einer einfachen Verkleidung ein besserer Weg wäre. Erste Konzepte für solch ein "Blechotto"-Modell entstehen. Doch zur weiteren Realisierung kommt es vorerst nicht mehr. Die Firma Schuco-Hegi kommt in Zahlungsschwierigkeiten und Dieter Schlüter bleibt auf tausenden von Mechanik-Bausätzen, die schon vorproduziert sind, sitzen. Alle Details zur Entstehung von Schlüter-Modellbau werden von Dieter Schlüter in seinem Buch "Weisser Jahrgang 31" ausführlich beschrieben.  
Kantenschutz - Klicken Sie für die Vergrößerung

Ing. Dieter Schlüter
 
 
 
 
Nachdem die noch junge Firma die Aufstellung eines Basisproduktangebotes abgeschlossen hat und das Modell SA341 Gazelle im Mittelpunkt des Hubschrauberprogramms steht, öffnet sich die Kernfrage über die technische Zukunft des Modellhubschraubers erneut und es entsteht im Sommer 1974 die erste Formulierung eines zukünftigen Trainermodelles: Zuerst soll ein kleineres Modell mit einem 6,5 ccm-Motor mit möglichst einfachem Aufbau und grosser Robustheit entstehen, dessen empfohlener Verkaufspreis (Schlüter-Modellbau vertreibt von Anfang an ausschliesslich über den Fachhandel) bei unter 500.- DM und dessen durchschnittliche Reparaturkosten unter 50.- DM liegen sollen. Später soll dieses Modell einen grösseren Bruder mit einem 10 ccm-Motor und Kollektivpitch bekommen (der spätere Welterfolg Bell 222-Trainer). Das Modell wird aus zwei robusten Seitenplatten aus Aluminium und dazwischen geschraubten Lagerböcken aufgebaut. Um einen einfachen Aufbau und einen verlustarmen Antrieb zu erreichen (die 6,5 ccm Motoren waren zu dieser Zeit noch nicht sehr leistungsfähig), sollte der Heckrotor direkt vom Motor mittels eines Riemens angetrieben werden. Als Rotor dient der einfache Schaukelrotor der frühen Cobra-Modelle, der Antriebsstrang entspricht im Wesentlichen der Cobra-Mechanik, jedoch wird nun ein offenes Stahl-Kunststoff-Stirnradgetriebe verwendet. Die Haube wird von Dieter Schlüter aus einem Holzklotz herausgearbeitet und ist von Anfang an ein echter Hingucker, der der plumpen Mechanik den nötigen Glanz, sprich die entsprechende Kundenaufmerksamkeit verleiht. Zur Nürnberger Spielwarenmesse ist das Heli-Baby die Sensation und schon bald treffen bei Schlüter grosse Bestellungen sowohl von den Händlern und insbesondere auch aus den USA ein. Die erste ab Sommer 1975 ausgelieferte Serie hat einige kleine Kinderkrankheiten. Das Material des verwendeten Rundriemens ist offensichtlich qualitiativ unterschiedlich zu dem bei den Prototypen verwendeten und der Riemen dehnt sich beim Betrieb. Der nadelgelagerte Heckrotor macht Probleme (Riemenrolle läuft auf einer Seite an, da keine axiale Führung der Nadellager vorhanden ist, die Nadellager arbeiten sich in die weiche Heckrotorwelle ein). Ein weiteres Problem ist, dass die angedrehten Zapfen der Hauptrotorwippe bei jedem Crash verbiegen und kaum noch zu richten sind. Weiter verschleisst die Nadellagerung im Kupplungsläufer bei nicht fluchtend eingebautem Antriebsstrang recht schnell).  
Kantenschutz - Klicken Sie für die Vergrößerung Kantenschutz - Klicken Sie für die Vergrößerung

 
 
 
 
So entsteht die Serie 1976, die auch als Vorlage für den Nachbau dient. Der Rundriemen wird nun durch einen geschweissten Flachriemen ersetzt, der für damalige Verhältnisse recht zuverlässig auf fassförmigen gerändelten Rollen läuft. Der Heckrotor wird nun in zwei grosszügigen Rillenkugellagern geführt, die Kupplung erhalt ein verstärktes Nadellager und die Hauptrotorwippe ist nun ohne Zapfen ausgeführt. Von dieser Serie 1976 wird eine fünfstellige Stückzahl hergestellt, ein Umstand, der das Modell bis in die heutige Zeit überleben, bzw. wiederaufleben lässt. Das Fliegen mit dem drehzahlgesteuerten Heli-Baby war nicht schwer, aber auch nicht ganz einfach. Die träge Drehzahlsteuerung in Verbindung mit den alles andere als linear arbeitenden Vergasern zu dieser Zeit machte es selbst bei schwachem Wind schwierig, das Modell immer sicher zu berherrschen. So entscheidet sich Dieter Schlüter, zur Nürnberger Messe 1976 auch ein Heli-Baby mit Kollektivpitch, nun Super-Heli-Baby genannt, anzubieten. Der Rotorkopf entspricht in seinen Grundzügen dem späteren weltberühmten Bell-222/System 80-Rotorkopf. Die Pitcheinsteuerung geschieht nicht über die Taumelscheibe, sondern wie bei Schlüter nun üblich über eine getrennte Einsteuerung mittels einer geschlitzen Rotorwelle und eines dünnen Drahtes, der eine Kulisse auf der Rotorwelle verschiebt und damit über Hebel die Rotorblätter verstellt. Ebenfalls wird ab 1976 ein Trainer-Gestell, der sogenannte "Heli-Trainer" angeboten. Das Modell wird auf diesem Tisch in einer Gabel vollkardanisch gelagert und kann, an einem Metallstab geführt, etwa 20 cm abheben. Auch wenn der Heli-Trainer nicht das wirkliche Fliegen vermitteln konnte, war es mit diesem Hilfsmittel doch möglich, die Steuerung des Heckrotors (ohne Kreisel!) zu erlernen. Für "Mutige", die es lieber direkt probieren wollten, gab es ein verbreitertes Landegestell und auch ein Schwimmergestell als Zubehör.  
Kantenschutz - Klicken Sie für die Vergrößerung

Rumpfbausatz Hughes 500
 
 
 
 
1977 gibt es dann für die optische Ausgestaltung des Heli-Babies eine Rumpfverkleidung in Form der Hughes 500. Die Zelle wird aus Tiefziehteilen hergestellt, was sowohl Kosten (damals 98.-DM) niedrig als auch die Herstellung einfach hält. Das Heckteil wird mit Schellen fest montiert. Das Frontteil wird wie eine Kabinenhaube aufgesetzt und auf dem Bodenbrett befestigt, was die Wartung einfach macht. Zur Nürnberger Messe 1979 kommt das Heli-Baby II wie auch das Super-Heli-Baby II auf den Markt. Bei beiden Modellen wurden lediglich die Rotorköpfe überarbeitet. Das drehzahlgesteuerte Heli-Baby II bekommt den S-Rotor früher Schlütermodelle mit Schlaggelenken und starr montierter Hauptrotornabe. Im Vergleich zum ersten Heli-Baby ist die zyklische Reaktion des Modelles nun deutlich agiler, was sicherlich auch nicht unwesentlich auf die Verwedung von Kunststoffsteuerflügeln zurückzuführen ist. Geringer sind die Änderungen am Super-Heli-Baby II. Hier wird die Pitchansteuerung unter dem Rotorkopf in diesen selbst nach Art des Systems 80 verlegt. Der Rotor bleibt jedoch rein Hiller-gesteuert und ohne Dämpfungsklotz. Die Typ II-Modelle ändern aber nichts an der Tatsache, dass die grosse Zeit des Heli-Babys vorbei ist und das System 80 als der Nachfolger dieses von der Ladentheke verdrängt hat. Im Jahre 1982 kommt der mini-Boy als direkter Nachfolger des Heli-Babys und im Katalog 1983 taucht es schliesslich nicht mehr auf. Wenn das Heli-Baby auch oftmals nicht oder nicht mehr für die ersten Rundflüge eingesetzt wurde, so lernten doch viele Heliflieger das Schweben mit ihm und es hat seinen festen Platz in der Geschichte des Modellhubschraubers als erstes offenes Trainermodell überhaupt. Nachbauten: Das Heli-Baby liess sich aufgrund seines einfachen Aufbaues einfach kopieren. Welchen Modellen es als Vorbild Modell stand, ist schwer zu sagen. Sicher ist jedoch, dass es sich beim "American Revolution" um einen Lizenznachbau des Heli-Babys handelt. Auch der von der italienischen Firma Garbo in Bologna vertriebene Zenith (1981/82 auch von Robbe vertrieben) baut auf dem Heli-Baby auf.